Die Fraktionsvorsitzenden von SPD, GRÜNE und BGI sowie der Gruppensprecher der ÖDP fordern in einem offenen Brief den Oberbürgermeister auf, zum Leserbrief des städtischen Rechtsreferenten, Dirk Müller, der am 08.06.2018 im Donaukurier unter dem Titel "Fortentwicklung des Rechts im Dienst des Bürgers" (Hier geht's zum Leserbrief) veröffentlicht wurde, Stellung zu nehmen.

Aus Sicht der Stadtratsfraktionen und der ÖDP liegt in diesem Brief eine unzulässige Wahlkampfunterstützung durch den Referenten für die CSU im Landtagswahlklampf vor. Damit verstößt Müller gegen die von der Verwaltungsspitze seit Jahrzehnten immer hoch gehaltene Neutralitätspflicht vor Wahlen. "Vier Monate vor den Landtagswahlen einen solchen Leserbrief zur Unterstützung eines der umstrittensten Gesetze der letzten Jahre zu veröffentlichen und diesen dann auch noch mit "Ingolstädter Referent für Recht, Sicherheit und Ordnung" zu unterzeichnen, hat mit Neutralität nichts zu tun. Dirk Müller hat sich damit zum CSU-Vasallen gemacht - ich bin sehr enttäuscht von ihm.", so der Fraktionsvorsitzende der BGI-Stadtratsfraktion, Christian Lange.

Hier der offene Brief:

 

Offener Brief an den Oberbürgermeister der Stadt Ingolstadt zum Leserbrief im DK vom 08.06.2018 „Fortentwicklung des Rechts im Dienst des Bürgers“ des städtischen Referenten für Recht, Sicherheit und Ordnung Dirk Müller

Sehr geehrter Herr Oberbürgermeister,                                                                                                                                                                     Ingolstadt, 12.06.2018

 

mit Erstaunen und Verwunderung mussten unsere Fraktionen am Freitag, 8. Juni, im DK einen Leserbrief des städtischen Rechtsreferenten Dirk Müller mit dem Titel „Fortentwicklung des Rechts im Dienst des Bürgers“ zur Kenntnis nehmen.

Wenn politische Parteien für Veranstaltungen oder Podiumsdiskussionen städtische Amtsleiter oder Referenten für thematische Fragen anfordern und diese Veranstaltungen finden sechs Monate oder weniger vor dem nächsten Wahltermin statt, so heißt die Auskunft seitens der Stadt regelmäßig, dass dies den städtischen Amtsleitern und Referenten wegen der Neutralitätspflicht der Verwaltung in diesem Zeitraum nicht gestattet sei.

In dem vorliegenden Leserbrief nimmt der Autor eindeutig Stellung zu dem umstrittenen neuen bayerischen Polizeiaufgabengesetz (PAG) und befürwortet dies.

Das PAG ist zwar seit kurzer Zeit in Kraft, muss jedoch, bevor es endgültig zur Anwendung kommen kann, die Hürden des Bayerischen Verfassungsgerichtshofes und des Bundesverfassungsgerichts nehmen. Es wird weiterhin Thema im Wahlkampf zur Wahl des Bayerischen Landtages am 14. Oktober 2018, also in gut vier Monaten, sein. 

Insofern hat Herr Dirk Müller eindeutig zu einem sehr kontrovers diskutierten Thema im bayerischen Landtagswahlkampf Stellung bezogen, noch dazu in einem deutlich erkennbaren parteipolitischen Sinne, eindeutig die Argumentation der CSU aufgreifend.

Der Referent unterschreibt diesen Leserbrief nicht als Privatperson, sondern als Dirk Müller, Ingolstädter Referent für Recht, Sicherheit und Ordnung, und somit mit der vollen Autorität, welche dieses Amt mit sich bringt.

Unsere Fraktionen sind der Ansicht, dass Herr Müller mit dem Leserbrief gegen die Neutralitätspflicht der Verwaltung verstoßen hat. Wir bitten Sie, Herr Oberbürgermeister um Ihre Stellungnahme dazu, auch um die rechtliche Bewertung.

Darüber hinaus hat der Referent auch dem Amt des Referenten für Recht, Sicherheit und Ordnung geschadet. Er hat zudem das Vertrauen des Stadtrates missbraucht, der ihn mit großer Mehrheit über Fraktionsgrenzen hinaus gewählt hat. Angesichts der kurzen Zeit, in der er im Amt ist, empfehlen wir Ihnen, Herrn Müller eine Einweisung in die Ingolstädter Gepflogenheiten zu geben. Weitergehende Schritte behalten wir uns vor.

Mit freundlichen Grüßen

gez.
Achim Werner
Fraktionsvorsitzender SPD

gez.
Petra Kleine
Fraktionsvorsitzende B‘ 90/GRÜNE

gez.
Christian Lange
Fraktionsvorsitzender BGI      

gez.
Thomas Thöne
Gruppensprecher ÖDP